Wir möchten Ihnen die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Frage der Wirksamkeit von Vereinbarungen im Ehevertrag darstellen.

Die aktuelle Entscheidung des BGH vom 15.03.2017, zum Aktenzeichen XII 109/16, verdeutlicht die Gefahren, die bei der Gestaltung von Eheverträgen auftreten können. Wir zitieren aus NJW 26/2017, 1886ff.

Die einzelnen Regelungen können für sich allein betrachtet unproblematisch sein; ihre Beurteilung in der Gesamtschau kann dagegen zu durchgreifenden Bedenken führen. Der BGH betont erneut die Wichtigkeit der subjektiven Komponente.

1. Die einzelnen vertraglichen Regelungen beanstandet der BGH nicht.

a) Zum Unterhalt werden in Bezug auf den Anspruch aus § BGB § 1570 BGB zu Recht keine Bedenken angemeldet. Obwohl der Betreuungsunterhalt zum „Kernbereich“ zählt, bleiben gewisse Modifikationen zulässig (BGHZ 158, BGHZ Band 158 Seite 81 = NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 930). Vorliegend wurde der Anspruch nicht ausgeschlossen und auch dem Grunde nach nicht eingeschränkt; die Beschränkung der Höhe nach stellte die persönliche Betreuung des Kindes durch die Ehefrau nicht infrage.

Trotz Zugehörigkeit zum Kernbereich wurde auch der Ausschluss von Alters- und Krankheitsunterhalt (§§ BGB § 1571, BGB § 1572 BGB) nicht beanstandet; denn die Ehefrau war bei Vertragsschluss erst 26 Jahre alt und für ihre später festgestellte erhebliche [nbsp]Erkrankung gab es Ende 1995 bei Vertragsschluss noch keine Anhaltspunkte.

b) Auch der vertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs hielt der Wirksamkeitsprüfung stand. Die Anrechte des Ehemanns aus der betrieblichen Altersversorgung unterfielen damals noch nicht dem Versorgungsausgleich; in der gesetzlichen Rentenversicherung hatte die Ehefrau die höheren Anrechte erworben. Von daher war der Ausschluss für sie nicht nachteilig.

c) Der Zugewinnausgleich ist nicht vom Kernbereich umfasst; auch im Hinblick auf die vom Gesetz zur Verfügung gestellten verschiedenen Güterstände ist er einer ehevertraglichen Gestaltung am weitesten zugänglich (BGHZ 158, BGHZ Band 158 Seite 81 = NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 930). Das gilt nach aktueller Aussage des BGH auch für Unternehmerehen, in denen der Selbstständige in Form von privatem Vermögen vorsorgt, selbst wenn beim anderen Ehegatten ein Rückzug aus dem Erwerbsleben – mit vorhersehbar nicht kompensierter Lücke in der Altersversorgung – absehbar ist. Grund ist ein legitimes Interesse des Unternehmers an der Erhaltung seiner Firma, nicht zuletzt zur Erhaltung der Lebensgrundlage für sich und die Familie.

2. In der Gesamtwürdigung der einzelnen Regelungen sieht der BGH aber eine Sittenwidrigkeit des Vertrages.

a) In objektiver Hinsicht bejaht der BGH) eine die Ehefrau einseitig benachteiligende Regelung. Zum Alters- und Krankheitsunterhalt wird darauf hingewiesen, dass die Ehefrau als der wirtschaftlich schwächere Ehegatte unzureichend abgesichert und von daher eine spezifische Bedürfnislage absehbar gewesen sei. Nur bei ihr sei auch (wegen Kindesbetreuung und Haushaltsführung) mit ehebedingten Einkommens- und Vermögensnachteilen zu rechnen gewesen. Wegen des Ausschlusses des Zugewinnausgleichsanspruchs stehe ihr auch keine Teilhabe an der (privaten) Altersvorsorge des Ehemanns zu.

b) Im subjektiven Bereich ist zu untersuchen, ob das Zusammenwirken der vertraglichen Regelungen „erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt“.

Nach dem Gesetz gibt es keinen unverzichtbaren Mindestgehalt von Scheidungsfolgen. Deshalb ist der Schluss von einer einseitig belastenden vertraglichen Regelung auf die – zusätzlich erforderliche – verwerfliche Gesinnung nur zulässig, wenn

–der unausgewogene Vertragsinhalt (der Indizwirkung entfaltet) das Resultat einer einseitigen Dominanz ist,

–die ihrerseits auf einer ungleichen Verhandlungsposition beruht,

so dass der Vertrag im Ergebnis eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Das wird beispielsweise angenommen bei Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit (BGH, NJW 2013, NJW Jahr 2013 Seite 380; NJW 2013, NJW Jahr 2013 Seite 457); ein Negativbeispiel ist die Tropenarzt-Entscheidung (BGH, NJW 2006, NJW Jahr 2006 Seite 2331), wo eine des Deutschen nicht mächtige Ausländerin bei Vertragsschluss schlicht „überfahren“ wurde.

Aber auch in weniger krassen Fällen droht Gefahr. Vorliegend stellt der BGH entscheidend darauf ab, dass die Ehefrau in die Vertragsverhandlungen nicht eingebunden worden war. Sie hatte keinen Vertragsentwurf erhalten und den Vertrag ohne vorheriges Durchlesen unterschrieben. Bei der Beurkundung hatte sie ein Kind im Säuglingsalter bei sich und wollte den Termin, der im Wesentlichen zur Beurkundung der Umwandlung der Firma des Ehemanns dienen sollte, möglichst schnell hinter sich bringen. Damit befand sich die Ehefrau in einer unterlegenen Rolle.

Für die Annahme subjektiver Imparität ist nicht erforderlich, dass der benachteiligte Ehegatte den Vertrag nur mit Bedenken oder widerwillig abschließt; denn auch derjenige wird geschützt, der dem Wunsch nach Beurkundung widerstandslos Folge leistet.

3. Praxis Tipp:

Schon in objektiver Hinsicht kann es kritisch werden, wenn die einzelnen Regelungen aufgrund ihrer „Verzahnung“ in der Gesamtschau bedenklich sind. Wer auf den Ausschluss bestimmter Bereiche (z.B. Zugewinn) gesteigerten Wert legt, was beim Unternehmer oder Freiberufler regelmäßig der Fall sein wird, sollte den Aspekt der Kompensation nicht vergessen. In subjektiver Hinsicht ist es wichtig, den anderen Ehegatten frühzeitig in die Vertragsgestaltung einzubinden, damit schon der Anschein einer „Überrumpelung“ vermieden wird.

Wir schlagen vor, Ihre Möglichkeiten für die Gestaltung eines Ehevertrages im Detail mit Ihnen zu beraten – bundesweit! Vereinbaren Sie hierzu einen Besprechungstermin, einen Telefontermin oder senden Sie uns eine Mail.



M. Peper
Fachanwältin für Erbrecht
Zertifizierte Mediatorin
Fachanwältin für Familienrecht