Die Großeltern haben ein Umgangsrecht mit ihrem Enkelkind, wenn positiv feststeht, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. Die Feststellungslast trifft die Großeltern.

Die Großeltern begehren Umgang mit ihrem 2007 geborenen Enkelkind. Seit 2010 habe sie aufgrund eines Zerwürfnisses mit der Mutter des Kindes ihrer -Tochter- keinen Kontakt mehr. Der Vater, der mit der Mutter nie verheiratet war und von dieser mittlerweile getrennt lebt, hat die Vaterschaft anerkannt und ist mit der Mutter gemeinsam sorgeberechtigt. Beide Eltern und das Kind sind taubstumm. Das Kind lebt beim Vater. Die Mutter, die an einer psychiatrischen Krankheit leidet und unter rechtlichen Betreuung steht, hat alle 14 Tage Umgang mit dem Kind. Die Großeltern beantragen Umgang mit dem Enkelkind. Diesem Antrag treten die Eltem sowie die Betreuerin entgegen. Das AG hat nach persönlicher Anhörung aller Beteiligten das Umgangsrecht der Großeltern auf Dauer ausgeschlossen. Die Beschwerde der Großeltern bleibt erfolglos.

Gemäß § 1685 I BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Enkelkind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Im Rahmen dieser Prüfung ist die Vorschrift des § 1626 III 2 BGB zu berücksichtigen, der eine (widerlegbare) Vermutung für die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs der Großeltern begründet, wenn Bindungen zwischen dem Enkel und den Großeltern bestehen und deren Aufrechterhaltung für die Entwicklung des Kindes förderlich ist. Dies ist positiv festzustellen. Vorliegend bestehen solche Bindungen nicht, da die Großeltern seit 2010 keinen Kontakt mehr zu ihrem Enkelkind hatten. In diesem Fall begründet das Verwandtschaftsverhältnis allein keine Vermutung, dass der Großelternumgang dem Kindeswohl dient. Daher muss die Kindeswohldienlichkeit positiv festgestellt werden, wobei die Feststellungslast bei den Großeltern liegt. Das mittlerweile zehn Jahre alte Kind hat einen Kontakt zu den Großeltern ausdrücklich abgelehnt. Das Jugendamt hat, was von den Großeltern unbestritten blieb, berichtet, dass der Vater sein Verhältnis zu diesen als schwierig bezeichnet hat, weil er sich nie akzeptiert gefühlt hat. Zudem hat es oft Streit zwischen der Mutter und den Großeltern gegeben. Das AG hat ausführlich dargelegt, dass für den Fall von Umgangskontakten mit dem Kind ein kindeswohlwidriges Verhalten der Großeltern zu erwarten ist, welches das Kind einem schweren Loyalitätskonflikt aussetzen würde. Denn nicht das Kind und dessen Wohlergehen stehen für die Großeltern im Vordergrund, sondern der Wille, die in der Vergangenheit liegenden Konflikte mit dem Kind zu thematisieren. Zu Recht hat daher das AG auch die milderen Instrumente des begleiteten Umgangs oder die Einrichtung einer Umgangspflegschaft gem. § 1685 III 1 iVm § 1684 III 3 und IV 3 BGB verworfen und den Umgang unbefristet ausgeschlossen. Allerdings hat das AG die Beteiligten nicht nach § 89 II FamFG auf die Folgen der Zuwiderhandlung gegen den angefochtenen Beschluss hingewiesen, was das OLG nunmehr von Amts wegen im Beschwerdeverfahren nachholt. Diese Hinweispflicht erfasst auch negative Umgangsregelungen wie einen Umgangsausschluss.

Praxishinweis

Kinderschutzrechtliche Maßnahmen gem. § 1696 II BGB, zu denen auch ein Umgangsausschluss im Sinne des § 1684 IV BGB (auch iVm § 1685 III BGB) gehört, sind aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist. Die entsprechende verfahrensrechtliche Vorschrift findet sich in § 166 II FamFG, wonach das Gericht eine länger dauernde kindesschutzrechtliche Maßnahme in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen hat.

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 20.4.2017 – 6 UF 20/17 = BeckRS 2017, 113541

Nutzen Sie unsere kostenfreie telefonische Ersteinschätzung. Für persönliche Terminabsprachen stehen wir Ihnen zur Verfügung. Sie erreichen unsere

HOTLINE * WURZEN 03425 / 90020
HOTLINE * LEIPZIG: 0341 / 9838980.
MAIL * sekretariat@kanzlei-nussmann.de

gez. M. Peper
Fachanwältin für Erbrecht
Zertifizierte Testamentsvollstreckerin
Fachanwältin für Familienrecht
Zertifizierte Mediatorin