Widerrufsbelehrung ohne Telefonnummer unwirksam?

Warum die vollständige Widerrufsbelehrung für Unternehmer und Verbraucher so entscheidend ist

Die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung nur wirksam ist, wenn sie eine Telefonnummer enthält, beschäftigt seit geraumer Zeit Rechtsprechung und Literatur. Das OLG Brandenburg hat diese Frage nun eindeutig beantwortet und damit einen bedeutenden Akzent im Verbraucherrecht gesetzt. Die Entscheidung zeigt, wie streng die Anforderungen an Unternehmer sind, wenn sie Verbraucherverträge schließen, und wie weitreichend die Folgen eines scheinbar kleinen Fehlers sein können. Wir erleben in der täglichen Beratung, dass Widerrufsrechte oft unterschätzt werden, obwohl sie erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen haben.

Der rechtliche Rahmen – umfassende Informationspflichten des Unternehmers

Das Widerrufsrecht entsteht aus dem Grundgedanken, Verbraucher vor übereilten Entscheidungen zu schützen, insbesondere bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz zustande kommen. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich in § 355 BGB und in den Informationspflichten des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Nach Art. 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EGBGB muss der Unternehmer den Verbraucher klar und verständlich über alle verfügbaren Kommunikationskanäle informieren, die er tatsächlich nutzt. Hierzu gehören nicht nur die E-Mail-Adresse oder die postalische Anschrift, sondern ausdrücklich auch die Telefonnummer, sofern das Unternehmen über diese erreichbar ist.

Diese Pflicht dient der Transparenz und soll den Verbraucher in die Lage versetzen, sein Widerrufsrecht effektiv und unkompliziert auszuüben. Das Gesetz verlangt daher keine abstrakte oder theoretische Erreichbarkeit, sondern knüpft an die reale Nutzung im Geschäftsverkehr an. Unternehmer, die im normalen Kontakt mit Kunden regelmäßig telefonieren, müssen diese Nummer zwingend nennen. Dies entspricht dem traditionellen Verständnis eines vollständigen Verbraucherhinweises.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg – klare Linie zugunsten des Verbrauchers

Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 16.06.2025 – 12 U 130/24, BeckRS 2025, 15242) hat in bemerkenswerter Deutlichkeit entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung unvollständig und damit fehlerhaft ist, wenn sie keine Telefonnummer des Unternehmers enthält. Das Gericht betont, dass die Telefonnummer ein elementarer Bestandteil der vorgeschriebenen Informationen ist. Selbst wenn der Unternehmer meint, dass ein telefonischer Widerruf im Alltag kaum Relevanz besitzt, entbindet ihn dies nicht von der gesetzlichen Verpflichtung. Die vollständige Information ist nach Auffassung des Gerichts zwingend und nicht disponibel.

Die Rechtsfolge ist gravierend: Fehlt die Telefonnummer, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. § 355 Absatz 2 Satz 1 BGB bestimmt ausdrücklich, dass die Widerrufsfrist „erst zu laufen beginnt, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist“. Wird die Belehrung nicht ordnungsgemäß erteilt, verlängert sich die Widerrufsfrist gesetzlich auf maximal zwölf Monate und vierzehn Tage (§ 356 Absatz 3 BGB). Gleiches gilt nach § 650l BGB für Verbraucherbauverträge, sodass gerade Bau- und Handwerksunternehmen die Rechtslage ernst nehmen müssen.

Konsequenzen für Verbraucher – Chance auf späten Widerruf

Für Verbraucher ist diese Entscheidung ein erheblicher Vorteil. Sie eröffnet nämlich die Möglichkeit, Verträge auch nach Monaten zu widerrufen, wenn die Telefonnummer fehlt. Besonders relevant wird dies bei kostspieligen Bauverträgen, Dienstleistungsverträgen, Handwerkerleistungen und Fernabsatzverträgen. Verbraucher geraten häufig in Situationen, in denen sie sich an übereilte Entscheidungen gebunden fühlen. Eine unvollständige Belehrung kann in solchen Fällen den Weg zu einem rechtlich einwandfreien Widerruf ebnen. Nach klassischem Verständnis soll die Widerrufsbelehrung umfassend informieren und dem Verbraucher die Entscheidung erleichtern. Wenn diese Aufgabe nicht erfüllt ist, ist es nur folgerichtig, die Frist nicht beginnen zu lassen.

Wir prüfen regelmäßig, ob eine Widerrufsbelehrung vollständig ist und ob sich daraus ein fortbestehendes Widerrufsrecht ergibt. Entscheidend ist dabei stets die Frage, ob der Unternehmer tatsächlich telefonisch erreichbar ist oder war. Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmer zwar häufig eine Telefonnummer im geschäftlichen Verkehr nutzen, diese aber in der Widerrufsbelehrung vergessen oder bewusst nicht aufnehmen. Dies stellt ein erhebliches Risiko dar.

Konsequenzen für Unternehmer – erhebliche wirtschaftliche Risiken

Für Unternehmer ist die Entscheidung ein deutliches Warnsignal. Ein einziger fehlender Hinweis kann ausreichen, um abgeschlossene Verträge Monate später wieder zu Fall zu bringen. Gerade im Bau- und Handwerksbereich, in dem Leistungen über längere Zeiträume erbracht und erhebliche Kosten investiert werden, kann ein später Widerruf massive Verluste verursachen. Unternehmer müssen daher ihre Vertragsunterlagen, AGB und Belehrungstexte sorgfältig prüfen und anpassen. Die Informationspflichten sind streng, und keine noch so gut gemeinte Vereinfachung entbindet von den gesetzlichen Vorgaben.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg fügt sich in die traditionelle Linie der verbraucherschützenden Rechtsprechung ein, die konsequent fordert, dass Widerrufsbelehrungen vollständig, klar und umfassend sein müssen. Unternehmer, die diese Vorgaben nicht beachten, setzen sich einem erhöhten Prozessrisiko und möglichen Rückabwicklungsverpflichtungen aus.

Unsere Empfehlung – klare Gestaltung und zuverlässige Prüfung

Wir empfehlen seit jeher, Widerrufsbelehrungen regelmäßig zu prüfen und bei Gesetzesänderungen oder neuer Rechtsprechung unverzüglich anzupassen. Es genügt nicht, einmal erstellte Muster unverändert über Jahre hinweg zu verwenden. Die Anforderungen wandeln sich, und nur eine vollständige Belehrung schützt Unternehmer vor späten Widerrufen. Verbraucher wiederum sollten ihre Unterlagen aufmerksam prüfen, insbesondere wenn sie mit einer Vertragsentscheidung unzufrieden sind oder nachträglich feststellen, dass bestimmte Informationen fehlen.

Wir unterstützen sowohl Verbraucher als auch Unternehmer bei der Prüfung und Gestaltung ihrer Widerrufsbelehrungen und zeigen auf, welche Schritte notwendig sind, um Rechtsklarheit zu schaffen. Dabei achten wir auf die klassische Struktur der gesetzlichen Vorgaben, auf klare Formulierungen und auf die praktische Umsetzbarkeit.

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gez. M. Peper
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